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luzia

LESEZEIT: 04-06 min

Viele haben kein Verständnis für psychisch Kranke und für Arme. Ich weiß, wie es ist, wenn man jeden Cent umdrehen muss. Beim Einkaufen schau ich genau auf den Preis. Ich trage alles kleinweise in die Wohnung und ich bitte jemanden im Haus, ob er es mir hinauftragen kann. Ich will aber noch selbst einkaufen gehen.

 

Ich habe jetzt eine Pension, sie ist mini, dazu noch eine Witwenpension. Früher war ich Krankenschwester. Nachdem aber mein Kind Keuchhusten und Fieberanfälle bekommen hat, habe ich aufgehört, weil keiner auf das Kind aufgepasst hat.

 

Mein Mann war schwerkrank. Er hat am 24. Jänner 2011 um die Mittagszeit Selbstmord verübt. Ich habe ihn gefunden. Ich bin vielleicht am Notfallknopf von meinem Mann angekommen, aber ich habe nicht reagiert. Ich habe einen Selbstmordversuch gemacht, aber da ist dann schon die Rettung kommen. Der Amtsarzt hat mich zwangseingewiesen. Seitdem werde ich von den alten Nachbarn gemieden, die neuen kennen mich nicht. Während Corona hat mich keiner gefragt, ob ich Milch oder Brot brauche. Ich lasse mir nun auch regelmäßig die Sachen vom Supermarkt bringen.

 

Mein Mann musste immer zur Dialyse. 1999 ist Nierenkrebs festgestellt worden, er hatte dann Metastasen auf den Knochen. Es musste ihm ein Fuß abgenommen werden. Diesen Engerl-Anhänger habe ich von ihm zum Hochzeitstag bekommen.

 

Belastend ist für mich, dass ich damals beim Selbstmord von meinem Mann nicht reagiert habe. Er hat in der Nacht über sich und sein Leben geredet und ich habe nicht verstanden, dass er das vorhat.

 

Belastend ist für mich, dass ich damals beim Selbstmord von meinem Mann nicht reagiert habe. Er hat in der Nacht über sich und sein Leben geredet und ich habe nicht verstanden, dass er das vorhat.

Ich musste für ihn was erledigen, zur Bank und Apotheke, ich war nur kurz weg. Die Rettung ist rasch gekommen, für mich, für ihn war es zu spät. Sie haben gesagt, man kann nichts mehr machen. Wir helfen ihnen, haben sie gesagt. Mein Mann hat leider keinen Abschiedsbrief hinterlassen. Wenn ich gehe, dann schreibe ich wenigstens „Tschüss“ oder „Machs gut“.

 

Ich bin am 9. Dezember 1946 geboren, ich bin nun 75 Jahre alt, bald 76. Ich war in meinem Leben immer wieder psychisch schwer angeschlagen, ich war immer wieder allein. Mein erster Mann hat sich vor der Geburt meines Sohnes abgesondert.

 

Die Brille muss ich immer tragen, ich sehe schlecht und die gelbe Färbung ist nötig, um die Augen zu schützen. Ich habe einen Unfall gehabt und habe oberhalb vom Knöchel eine Verplattung und Verschraubung. Deshalb bin ich nicht mehr so gut zu Fuß.

 

Ich war in der Psychiatrie, 1985, da hat sich mein Sohn dann abgesetzt. Er hatte eine Freundin, sie wollte mit mir nichts zu tun haben, weil sie meinte, ich bin ja nicht normal. Mein Sohn ist jetzt 53, er ruft nur selten an. Als ich 1985 in der Psychiatrie war, war es nicht so gut, 2011 war es besser.

 

2013 wollte ich Schluss machen. Jetzt geht es gut. Ich muss schließlich noch ein wenig was häkeln.

2013 wollte ich Schluss machen. Jetzt geht es gut. Ich muss schließlich noch ein wenig was häkeln. Ich bin in der Handarbeitsgruppe von pro mente. Die Weste habe ich selbst gemacht und das Stirnband. Ich häkle, ich stricke und ich sticke. Momentan gehe ich alle zwei Wochen hin, früher waren wir zehn, jetzt sind wir so fünf. Susi ist die Leiterin, ich bin die Co-Leiterin. Wir plaudern miteinander und jede arbeitet. Ich bin durch meine Psychiaterin zu pro mente gekommen und ich hatte einen Sozialbegleiter, mit dem habe ich mich gut verstanden. Ich gehe gerne in Konzerte. Auch ins Ballett. Oder zwischendurch ins Museum. Es war schwierig, dass es die Häkelgruppe während Corona zeitweise gar nicht gegeben hat. Ich habe zuhause gehäkelt und Musik gehört.

 

Ich wünsche mir, dass ich genauso behandelt werde wie die anderen. Ich wünsche mir, dass die Leute zugänglicher sind. Ich gehe oft ins Konzerthaus. Ich habe ein Abo, aber ich lerne niemanden kennen.

 

Ich wünsche mir, dass ich genauso behandelt werde wie die anderen. Ich wünsche mir, dass die Leute zugänglicher sind. Ich gehe oft ins Konzerthaus. Ich habe ein Abo, aber ich lerne niemanden kennen.

Ich bin auch immer mit meinem Mann ins Konzert gegangen. Er war zwölf Jahre älter als ich. Wir haben uns auf der Thaliastraße kennengelernt, bei einem Schaufenster einer Spielwarenhandlung. Mein Sohn wollte ein großes Auto, aber die Schuhe waren wichtiger. Ich habe halblaut gesagt, vielleicht geht es sich mal aus, dass ich Dir das kaufen kann. Mein Mann hat mich angesprochen und wir sind in ein Lokal gegangen. Er hat dann das Auto für meinen Sohn gekauft.

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