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LESEZEIT: 08-10 min

cosmina

Heute kann ich nicht verstehen, wie ich die Kinder mit diesem Mann zu Hause lassen konnte. Ich kann auch nicht verstehen, wie ich das alles geschafft habe: Ich musste um 5:30 in der Früh aufstehen und bin um halb eins in der Nacht schlafen gegangen. Am Vormittag war der Deutschkurs, am Nachmittag und am Abend arbeitete ich im Restaurant eines Bekannten. Aber sein Restaurant war in Hagenbrunn. Von Wien brauchst du mit Zug und Bus eineinhalb Stunden nach Hagenbrunn.

 

Mein Kleiner war damals zwei Jahre alt und ich habe ihn manchmal nur eine halbe Stunde in der Früh gesehen und nicht einmal da hab ich immer die Zeit gehabt, ihn zu umarmen.

Das war eine schwere Zeit.

Mein Kleiner war damals zwei Jahre alt und ich habe ihn manchmal nur eine halbe Stunde in der Früh gesehen und nicht einmal da hab ich immer die Zeit gehabt, ihn zu umarmen. Das war eine schwere Zeit.

Ich komme aus Rumänien. 2006 bin ich mit einer Bekannten von meinem Dorf nach Österreich gekommen. Ich habe angefangen in einem Restaurant im Ersten Bezirk zu arbeiten, in der Küche, schwarz. Weil 2006 war Rumämien noch nicht in der EU. 2008 habe ich meinen Mann kennen gelernt, also den Vater von meinen zwei Buben. Er ist auch aus Rumänien. Wir waren zwölf Jahre zusammen, aber wir waren nie verheiratet.

Mit meinem ersten Sohn bin ich zu Hause geblieben bis er sieben Jahre alt war. Ich musste immer Therapie mit ihm machen und zu Kontrollen. Es war lange nicht klar, was er hat. Wie er acht Jahre  war, habe ich die Diagnose bekommen, dass er eine Autismus-Spektrum-Störung hat. Aber er ist superintelligent. Deswegen war es auch so schwer, diese Diagnose zu fnden.

Ich wollte dann wieder arbeiten gehen, und der Vater von meinen Kindern war nicht einverstanden. Er war immer sehr eifersüchtig. Aber er selbst wollte auch nicht arbeiten. Als ich mit dem zweiten Kind schwanger war, wollte er, dass ich es wegmache, eine Abtreibung. Ich glaube, da ist es für mich zum Bruch gekommen. In diesem Moment habe ich die Entscheidung getroffen: Irgendwann muss ich ihn verlassen.

Die Zeit mit diesem Mann war sehr schlecht. Schlecht ist zu wenig gesagt. Er hat uns oft bedroht. Er hat gesagt, er wird die Kinder umbringen, dann mich, dann macht er sich selber tot. Solche Drohungen waren das.

Ich habe dann eine Gemeindewohnung bekommen, aber nur auf meinen Namen. Und Gottseidank, mit dieser Corona-Pandemie, im Jahr 2020, habe ich auf einmal klar gesehen: Ich bezahle alles selbst, meine Kinder haben alles, was sie brauchen, nur mit meinem Geld, so konnte ich ihn endlich rauswerfen.

 

Ich habe dann eine Gemeindewohnung bekommen, aber nur auf meinen Namen. Und Gottseidank, mit dieser Corona-Pandemie, im Jahr 2020, habe ich auf einmal klar gesehen: Ich bezahle alles selbst, meine Kinder haben alles, was sie brauchen, nur mit meinem Geld, so konnte ich ihn endlich rauswerfen.

Meine Erfahrung mit der Polizei war nicht so gut. Ich wollte nicht die Polizei zu Hause haben, wegen meiner Kindern. Ich bin also ins Amt gegangen, um meinen Partner anzuzeigen. Da waren ein Mann und eine Frau, der Mann war irgendwie okay und hat ruhig zugehört, aber die Frau war so: Sicher hast du irgendetwas gemacht.

Bei Gericht, das war ein Wahnsinn. Ich hab dort angerufen und genau mit der Frau Richterin sprechen können, die für mich zuständig war. Ich konnte das am Anfang gar nicht glauben. In Rumänen geht das nicht. Ich habe der Richterin gesagt, was passiert ist, und sie hat das verstanden. Ich habe probiert, dass der Mann es vernünftig sieht, dass er eine regelmäßge Besuchszeit hat, aber er ist nur gekommen, wann er wollte.

Bei einem Besuch hat er mit den Kindern sehr gestritten, sie haben viel geweint, und ich bin wieder zum Gericht gegangen, und ich habe gesagt, dass ich denke, dass es besser ist, wenn er die Kinder nicht mehr sieht, weil ich brauche dann immer so viel Zeit, um die Kinder wieder zu beruhigen. Und das Gericht hat gesagt, er muss mindestens sechs Einheiten Psychotherapie machen. Er muss lernen, richtig mit Kindern umzugehen. Aber er hat das nicht gemacht. Er hat gesagt, er ist nicht verrückt. Also darf er die Kinder nicht mehr sehen.

Meine Kinder und ich machen eine Psychotherapie. Jetzt ist es gut. Es geht uns allen dreien gut. Die Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie hat mir sehr geholfen. Dort arbeiten nur Frauen und beraten Frauen. Und sie haben mich auch auf Behördenwegen begleitet. Das war für mich sehr positiv, dass ich nicht überall alleine hingehen musste.

Ich wollte ja selbst immer im Sozialbereich arbeiten. Es ist etwas, das ich vom Herzen machen kann. Weil etwas arbeiten, das man nicht mag, nur wegen dem Geld, das ist traurig. Ich habe vom AMS einen Kurs bekommen, eine Ausbildung zum Integrationscoach. Da muss man auch ein paar Stunden Praktikum machen und so bin ich auf das Projekt "mitgehn" gestoßen.

 

Ich wollte das machen, weil ich das ja selber erlebt habe, dass es dir sehr hilft, wenn du bei Behördenterminen jemanden an deiner Seite hast. Da kann ich etwas aus meiner eigenen Erfahrung weitergeben und nicht etwas, das ich aus Büchern habe.

Ich wollte das machen, weil ich das ja selber erlebt habe, dass es dir sehr hilft, wenn du bei Behördenterminen jemanden an deiner Seite hast. Da kann ich etwas aus meiner eigenen Erfahrung weitergeben und nicht etwas, das ich aus Büchern habe.

Ich habe zum Beispiel eine Frau zu Magenta begleitet. Sie hat ein teures Handy gehabt, 100 Euro im Monat, aber das war zu viel, weil sie arbeitet als Reinigungskraft und verdient wenig. Sie hat die Rechnung nicht zahlen können und so ist die Rechnung immer höher und höher geworden und sie wollte das nicht verstehen.

Eine Frau aus Afghanistan habe ich begleitet, weil sie eine Handysignatur gebraucht hat. Sie hat drei Kinder gehabt, eines auch mit Autismus. Ich habe mich gesehen in ihrer Geschichte. Ihr Mann arbeitet schwarz, aber er will nicht für die Kinder zahlen. Das ist genauso bei mir, aber ich bekomme vom Staat für meine zwei Kinder 790 Euro pro Monat. Diese Frau aus Afghanistan bekommt nur 75 Euro im Monat für alle drei Kinder. Ich verstehe diesen Unterschied nicht. Aber ich kann nicht mehr für diese Frau tun. Das ist nicht vorgesehen in diesem Projekt. Es geht nur um das Mitgehen. Wir dürfen uns nicht weiter treffen. So ist die Regel. Wenn der Termin erledigt ist, gehen wir auseinander.

Ich habe eine junge Frau aus dem Jemen begleitet, 19 Jahre alt. Sie kommt aus dem Krieg und ist noch nicht so lange in Wien. Sie hat Geld vom AMS bekommen. Und einmal hat sie drei Wochen lang bei ihrer Tante in Baden gewohnt, sie kennt ja sonst niemanden hier. Sie hat nicht gewusst, dass sie das dem AMS sagen muss, und dass sie eine Strafe bekommen kann deswegen. Bei Gericht war eine nette Frau, die hat gesagt, sie kann 50 Stunden in einem Sozialmarkt arbeiten, dann ist alles erledigt.

Trotzdem war ich sehr traurig für diese junge Frau. Wenn man so jung ist, sollte man nicht solche Probleme haben. Mit 19 ist man noch mehr ein Kind als eine Erwachsene. Wie ich so alt war, war ich bei meiner Familie in Rumänien und war der glücklichste Mensch der Welt.

Trotzdem war ich sehr traurig für diese junge Frau. Wenn man so jung ist, sollte man nicht solche Probleme haben. Mit 19 ist man noch mehr ein Kind als eine Erwachsene. Wie ich so alt war, war ich bei meiner Familie in Rumänien und war der glücklichste Mensch der Welt.

Hat ihr das Mitgehen geholfen? Ich hoffe schon. Ich war mit in diesem Büro, ich habe mich nicht eingemischt, aber sie hat ein paar Mal zu mir geschaut. Nur so kurz, als ob sie sicher gehen wollte, dass ich auch da bin. Und sie war zufrieden, dass ich da war. Und das war es.

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